Berge versetzen. Ist mit vereinten Kräften alles möglich? Lohnt es sich, für jedes Ziel Energie aufzuwenden? Vielleicht ist es manchmal gut zu sehen, dass ich im Begriff bin, vor eine Wand zu laufen. Manche Ziele wäre vielleicht auch mit geringerem Aufwand zu erreichen.
In China wird eine Geschichte erzählt, die als Gleichnis dafür dient, dass mit vereinten Kräften fast alles möglich ist, ähnlich wie es im Christentum heißt: der Glaube versetzt Berge.
Die Geschichte geht so:
Da gab es einen ziemlich alten Mann mit vielen kräftigen Söhnen. Der hatte ein Haus. Und vor dem Haus standen hohe Berge, die den Weg versperrten. Das ärgerte ihn. Er versammelte seine Söhne und trug ihnen auf, die Berge abzutragen. Die Nachbarn waren verständnislos. Das ist doch unmöglich. Das sehe ich nicht so, sagte der Alte. Wenn wir alle zusammen arbeiten und uns auf dieses Ziel konzentrieren und dann noch die Söhne meiner Söhne und immer so weiter, dann werden wir es schaffen.
Damit machten sie sich ans Werk.
Es wird nicht berichtet, dass sie irgendwann durch eigene Kraft ihr Ziel erreichten. Die Geschichte endet damit, dass sich übernatürliche Wesen erbarmten und die Berge tatsächlich forttrugen.
Was lehrt uns diese Geschichte?
Um etwas wirklich zu erreichen, ist es wichtig, sich auf ein Ziel zu konzentrieren und alle Kräfte dafür zu mobilisieren. Sie wird erzählt, um darauf hinzuweisen, dass man mit vereinten Kräften sogar unmöglich erscheinendes schaffen kann.
Und auch: Manchmal kommt Hilfe von ganz unerwarteter Seite.
Sie zeigt aber noch mehr.
Wir halten so Vieles für wünschenswert. Auch Ziele und Wünsche sollten klug abgewogen werden. Bedenke, was du dir wünschst und ob es sich wirklich lohnt, für dieses Ziel so viel Energie aufzuwenden. Manches könnte sich später als Vergeudung von Zeit und Kraft herausstellen.
Es ist gut zu sehen, dass etwas zwecklos ist, dass ich mich verrannt habe, dass ich im Begriff bin, vor eine Wand zu laufen.
Manche Projekte sind schlicht unsinnig. Da wird die Arbeitskraft von Generationen auf ein Ziel gerichtet, dass eher einer Laune entspricht. Das Ziel wäre vielleicht auch anders zu erreichen ohne diesen gewaltigen Aufwand. Am einfachsten wäre ein Umzug in ein anderes Haus. Wenn es um einen Weg aus dem Tal ging, gibt es vielleicht einen Weg über einen Pass, durch ein schmales Tal oder durch eine Höhle.
Selbst, wenn das Ziel irgendwann erreicht wäre – der alte Mann würde das Ergebnis nicht erleben. Ist später überhaupt noch jemand an dem Ergebnis interessiert?
Diese Geschichte hat zwei Quellen.
Die eine ist ganz ehrwürdig. Sie erscheint bei Liä Dsi in seinem Buch vom Quellenden Urgrund, einem mehr als 1500 Jahre alten dauistischen Klassiker.
Und dann hat sie Mao Tse-tung für seine Verbrechen instrumentalisiert. Ihm ging es nicht darum, ein unterhaltsames Märchen zu erzählen – er wollte sagen: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Die chinesische Propaganda hat das Gleichnis noch in der Kulturrevolution benutzt.
Im Christentum gibt es einen ähnlichen Gedanken im Neuen Testament im 1. Brief an die Korinther: der Glaube versetzt Berge.
Ich habe Vorbehalte gegen einen solchen Glauben. Glauben meint, dass ich etwas für wahr halte, obwohl ich es nicht selbst überprüfen kann, nicht selbst überprüft habe oder nicht überprüfen darf. Dann wird es manchmal gefährlich. Im Namen des Glauben wurden und werden schreckliche Verbrechen begangen.
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