Retreat bedeutet Rückzug. Du bist an einem geschützten Ort mit dir allein. Keine Ablenkung, kein Weglaufen. Befristete Einsamkeit und Enthaltsamkeit macht den Kopf frei für etwas anderes. Eine Chance, dich selbst zu sehen.
Was ist ein Retreat?
Retreat bedeutet Rückzug. Du bist an einem geschützten Ort mit dir allein. Nur du und Meditation – sonst nichts. Keine Ablenkung, kein Weglaufen. Kein Nikotin, kein Alkohol, kein Sex, kein Kontakt und Schweigen. Eine Konfrontation mit dir selbst. Allein mit deinen Gedanken und Gefühlen. Eine Chance, dich selbst zu sehen.
Ein Retreat vereinfacht. Wie vieles beschäftigt dich. Sorgen, Ängste und Glück und Hoffnungen. Ein Retreat macht sichtbar, was dich ausfüllt. Gedanken und Gefühle kommen zur Ruhe.
So fühlt sich manchmal Einsamkeit an, Melancholie. Nicht immer eine einfache, aber eine fruchtbare Zeit. Du kannst dich voll der Innenschau zuwenden, der Meditation. Du hast keinerlei Verpflichtungen.
Warum ein Retreat?
Ich kann meine Situation recht deutlich sehen, meine Wünsche und Hoffnungen, meine Sehnsucht. Die Suche nach Erfüllung, nach Glück, Zufriedenheit. Lust kann zur Befriedigung führen, aber nicht auf Dauer. Es scheint, als sei Glück nicht ohne Unglück zu haben. Wenn etwas schön ist, wird es irgendwann aufhören. Ich sehne mich erneut danach.
Das Glück liegt in der Zukunft. So wird die Gegenwart erträglich. Vielleicht muss ich noch vieles bitter ausprobieren, um zu wissen, dass ich es so nicht erreichen kann, um endlich alles loszulassen, die Wünsche und die Hoffnungen und auch die Tränen.
Das Ziel heißt Freiheit, im Augenblick zu leben, nicht mehr Sklave meiner Gefühle, Gedanken und Impulse zu sein. Ohne Angst und ohne Hoffnung.
Ablenkungen
Lange bemühe ich mich, dem Retreat zu entgehen und vor mir selbst weg zu laufen. Da gibt es unendlich viele Möglichkeiten.
Ich bin mit meinem Körper hier. Aber meine Gedanken sind frei. Mir geht so vieles durch den Kopf. Meistens Zeugs, das völlig überflüssig ist. Der Geist braucht Futter. Erst ohne Nahrung gibt er Ruhe.
Ich kann mich damit beschäftigen, was ich essen möchte, was ich anziehe, wie ich der Kälte, der Hitze entkomme. Und wenn gar nichts mehr geht, dann kann ich schlafen. Da vergeht wenigstens die Zeit ziemlich angenehm.
Und ich kann mir in Gedanken eine Welt basteln. Ich kann in meinen Notizen lesen, neue Notizen anfangen. Wenn das Gelände groß ist, dann kann ich rumlaufen. Es gibt so viele Möglichkeiten.
Irgendwann dämmert mir, dass ich die Zeit vertue. Dass ich endlich ernsthaft anfangen muss, wenn ich von der Zeit etwas haben will.
Der Tag
Wie banal. Ich freue mich über die kleinen Dinge des Lebens: Einige Sonnenstrahlen durch dunkle Wolken, ein voller Bauch, ein Stück Brie-Käse, warme Kleidung, eine Dusche.
Der Tag zieht sich hin. Indem nichts geschieht, geschieht eine ganze Menge. Im Anfang springen die Gedanken noch wild. Es gibt so viel zu sehen. Kein Fernsehen. Alles live. Sitzen und schauen. Schauen auf den winzigen, immer gleichen Ausschnitt der Welt, den der Zelteingang frei lässt. Auf der einen Seite des Zeltes ein wild wuchernder Garten, auf der anderen Seite entwickelt sich ein kleiner Farn. Büsche, ein halb verdeckter spärlich bewaldeter Hügel und ein blassblauer Himmel. Nichts, das das Auge gefangen hält, aber auch nicht langweilig. Jeder Augenblick anders. Der Wind fließt und berührt alles, was ihm im Weg steht. Ich sehe das Grün, höre das Wasser, verfolge wie die Sonne wandert, wie sie das Licht verwandelt und die Schatten, das Spiel der vielen bunten Schmetterlinge, eine Spinne, der Gesang der Insekten, das Rauschen ferner Autos, Käfer – seltener ein Vogel oder gar eine Eidechse, groß und leuchtend grün.
Ich beginne die Zeit zu genießen. Schwankende Stimmungen. Manchmal innerliches Strahlen. Dazwischen verhaltenere Gefühle. Später erscheint alles recht selbstverständlich. Es ist wie es ist und es ist gut so. Immer wieder ein stiller innerer Frieden, der nichts Spektakuläres hat. Die Ruhe genießen und das Mit-mir-allein-sein. Kein Stillstand sondern ruhige Dynamik.
Zur Ruhe kommen
Nach Tagen und Stunden, haben sich die Gedanken gesetzt. Zeit spielt keine Rolle mehr. Was bleibt sind Stille und Freude, der natürliche Zustand des Menschen, wenn sich Gedanken und Sorgen verzogen haben.
Schweigen vereinfacht. Die Dinge setzen sich wie aufgewühlter Schlamm in stillem Wasser. Sie verlieren ihre Gewichtigkeit. Mehr Abstand. Allmählich wird das Spiel deutlicher. Das, was mich im Alltag ständig gefangen hält, tritt in den Hintergrund und die wahre Natur schimmert durch. Manchmal eine tiefe Freude aus der Stille der Meditation. Gleichzeitig viel Zeit und wenig Zeit. Es gibt nichts Besonderes zu tun. Das Frühjahr kommt und das Gras wächst von allein. Alles an seinem Platz. Keine ausgeprägten Höhen und Tiefen. Wie warm in einem bequemen Sessel der ersten Klasse der Bundesbahn in einem Zug die gleichförmig grüne Landschaft betrachten. Die Töne der Welt kommen nur gedämpft in das leere Abteil und das grelle Sonnenlicht wird durch leicht getönte Scheiben abgehalten. Etwas langweilig, etwas schläfrig machend, aber sehr angenehm.
Ich bin ziemlich frei. Niemand will etwas Spezifisches von mir. Wenn ich müde bin, schlafe ich, wenn ich Hunger habe, esse ich. Ich meditiere aus freiem Entschluss. So ein Gefühl, als könne mich nichts erschüttern.
Nichts, das ich festhalten könnte. Zerrinnendes Wasser in der hohlen Hand. Die Sorgen und Probleme erreichen mich nicht mehr richtig. Stille und Freude, die bleiben, wenn die ordinären Gedanken sich verzogen haben. Der Himmel hinter den Wolken. Ein breites Schmunzeln, nicht klammheimlich, sondern ganz offen. Manchmal feuchte Augen. Dankbarkeit. Dankbarkeit, die kommt, ohne dass ich etwas damit zu tun habe. Dankbarkeit für den, der mir dies gegeben hat.
Die verbissene Anstrengung in der Meditation ist weg. Mühelosigkeit lernen. Fast alles vergessen, was ich bisher über Meditation gelernt habe.
Ein anderer Geisteszustand. Nicht unbedingt dramatisch. Als ob ich alles im Fernsehen sehen würde. Das dort draußen geht mich nichts mehr an. Gedanken sind da, doch sie stören mich nicht und lenken mich nicht ab. Sie sind irgendwo dort draußen.
Sehr normal und sehr außergewöhnlich zugleich. Ich sehe, ich höre, ich rieche, doch ich halte nichts fest. Keine Furcht, keine Hoffnung.
Ich bin einfach still und schaue ins Weite. Absolut nichts Spektakuläres. Einfach sein. Es gibt nicht viel dazu zu sagen. Wie unterscheidet es sich von anderen Zuständen? Wenig. Aber entscheidend. Dieses unbedingt Wollen ist weg. Immer will ich was. Und dieses: Es ist gut. So was wie Zufriedenheit. Aber nicht Sattheit und Dumpfheit. Natürlicher großer Frieden. So ist es wirklich.
Einsichten
Hinter der Empfehlung von befristeter Einsamkeit und Enthaltsamkeit steckt Weisheit. Den Kopf frei machen für etwas anderes. Mehr Freiheit. Der faszinierende Gedanke der Gleichmut. Nicht dass diese heiligen Menschen keine Sorgen oder Hoffnungen mehr träfen. Aber sie hängen nicht daran fest. Weniger Ablenkung und Stress. Ich brauche mir darüber keine Gedanken mehr zu machen. Das Leben wird einfacher. Retreat bedeutet möglicherweise etwas anderes, als ich gedacht habe, nämlich nicht, eine besondere Erfahrung zu machen, sondern mein Leben zu ändern.
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