Vollkommenheit. Der Buddha auf einem tibetischen Rollbild. Ich blicke auf dieses Gesicht und spüre die tiefe Stille, Ausgeglichenheit und dieses unendliche Mitgefühl. Und ich sehe liebevolle Details: ein schnäbelndes Wasservogelpaar, selige Wesen in himmlischen Gefilden schlürfen Nektar und blasen Muschelhörner.
Ein Thangka ist ein religiöses Bild. Hier zeigt es den Triumph des Buddha Shakyamuni, der durch seine Erleuchtung zum Erlöser der Welt wurde, indem er zeigt, wie in seiner Nachfolge unsere Errettung und die Errettung alle fühlenden Wesen möglich ist.
Solche Bilder dienen der Andacht. Ich setze mich davor und spüre, was damals geschehen ist. Es kommt nicht darauf an, dass das naturgetreu dargestellt wird, sondern darum, was das für mich persönlich bedeutet.
Ich kann mich ganz auf die Figur im Zentrum konzentrieren. Ich sitze und meditiere mit dieser Figur. Ich blicke auf dieses Gesicht und spüre die tiefe Stille, Ausgeglichenheit und dieses unendliche Mitgefühl.
Wenn ich mich auskennen, kann ich noch so viel mehr sehen.
Die rechte Hand berührt die Erde. So wird Buddha häufig dargestellt. Das erinnert an einen entscheidenden Augenblick nach seiner Erleuchtung, als ihn das personifizierte Böse Mara davon abbringen wollte, die Welt zu erlösen, weil er dazu nicht berechtigt sei, denn er habe noch keine guten Taten vollbracht. Doch Buddha verwies auf seine selbstlosen Taten in früheren Leben und rief die Erde als Zeugin an. Die Geste der Erdberührung zeigt seinen unwiderruflichen Entschluss, allen fühlenden Wesen den Weg zur endgültigen Befreiung zu zeigen.
Die andere Hand ruht in der Meditationshaltung auf dem Schoß und weist damit auf die wichtigste Praxis hin. Auf der Hand liegt die Almosenschale, ein Hinweis darauf, nicht an materiellen Dingen zu hängen. Die dunkelblaue Aureole steht für die Weisheit des Erwachten, der grüne Heiligenschein für sein mitleidsvolles Wirken.
Er sitzt auf einem Lotosthron. Der Lotos wächst aus dem Schlamm, bleibt aber selbst unbefleckt.
Die Rückseite des Throns zeigt Wesen, die für die sechs Vollkommenheiten des Buddha stehen: Großzügigkeit ohne Anhaftungen und Erwartungen, anderen nicht schaden, Geduld, freudiger Eifer und kontinuierliche Anstrengung, Meditation mit Achtsamkeit, Konzentration, Stabilität und Versenkung, Weisheit und Verstehen jenseits von Begrenzungen – symbolisch dargestellt durch: zwei Schneelöwen, zwei Elefanten, zwei Wasserdrachen, zwei auf Widdern reitende Zwerge, zwei Nagas und darüber ein Garuda. Mit diesen Paramitas oder Vollkommenheiten erreicht man das andere Ufer, das jenseits aller Begrenzungen liegt.
Das was wichtig ist, wird groß und zentral dargestellt. Das ist hier der Buddha. Alles andere ist grundsätzlich kleiner. Das gilt für die beiden Begleitfiguren rechts und links und auch für die Figuren oben.
Den Buddha flankieren zwei seiner Hauptschüler, rechts Shariputra, der die Macht der Weisheit verkörpert und links Maudgalyayana, der für Meditation und übersinnliche Fähigkeiten steht.
Links oben erkennt man die weiße Tara, die Helferin in der Not und links Amitayus, den Buddha des langen Lebens, der zur Wiedergeburt im reine Land Sukavati verhelfen kann und der die grenzenlose lichthafte Natur unseres Geistes verkörpert; die Gestalt dazwischen ist Padmasambhava, der Buddha unseres Zeitalters.
Rechts und links unten sitzen zwei Heilige. Erstaunlicherweise sind auch diese auffällig groß und fast ebenso prächtig dargestellt wie der Buddha, deutlich größer und prächtiger als seine beiden Hauptschüler. Offenbar haben sie eine besondere Bedeutung.
Es handelt sich um zwei der 16 Arhats. Diese Arhats sind Jünger Buddhas, allesamt erleuchtete Wesen, die schon bei den Versammlungen am Geiergipfel dabei gewesen sind. Bevor er starb hat Buddha seine Lehre diesen sechzehn großen Arhats anvertraut.
Die Persönlichkeit links ist durch einen Fliegenwedel am Heiligenschein gekennzeichnet. Dieser Arhat heißt Angaja. Er trägt in seiner rechten Hand einen goldenen Weihrauchbrenner. Er soll Drachen zähmen können.
Der Arhat rechts hält respektvoll mit einem weißen Schal eine goldene juwelenbesetzte Krone in den Händen. Es handelt sich um den Arhat Rahula, den Sohn Buddhas. Die Krone ist ein Geschenk der Himmelsgötter.
Wenn man genauer hinschaut entdeckt man liebevolle Details: ein schnäbelndes Wasservogelpaar, kleine Figuren zu Füßen der Heiligen, die bedienen, zuhören oder Opfergaben darbringen. Und ganz oben in der Luft schweben auf Wolken zwei Gruppen von seligen Wesen in himmlischen Gefilden, schlürfen Nektar und blasen Muschelhörner.
Ein Thangka der Nyingma-Konfession aus dem Tibet des 19. Jahrhunderts oder früher.
Hier geht’s zu den bisherigen Tipps zur Meditation:
https://www.raumfuermeditation.de/meditation-tipps/
Das ist die Bildergalerie mit Bildbeschreibungen:
https://www.raumfuermeditation.de/zur-ruhe-kommen/
Und das ist die Startseite zu “Raum für Meditation”: