Wenn ich „Weisheit“ lese, habe ich spontan eine bestimmte Vorstellung. Wenn ich „Weisheit“ im buddhistischen Kontext lese, bin ich irritiert. Das hat zwar auch etwas zu tun mit dem, was ich „Weisheit“ nennen würde. Im einzelnen geht es aber anscheinend in eine andere Richtung.
Ist Weisheit das gleiche wie Klugheit? Ich denke an einen Menschen, der viel erlebt hat, daran gewachsen ist, still in der Ecke sitzt und sich seinen Teil denkt, wenn er das Treiben in der Welt sieht.
Er kümmert sich nicht so viel um das, was andere sagen, misst seinen eigenen Launen keine große Bedeutung bei, bringt seinen Mitmenschen ein gewisses Wohlwollen entgegen und muss sich nicht in alles einmischen.
Wenn ich etwas tiefer bohre, stoße ich auf Sokrates, der Menschen als weise bezeichnete, die ihre eigene Begrenztheit sehen können.
Und auf Platon, der unter Weisheit verstand, die täuschende Sicht zu überwinden, die wir gewöhnlich für die Realität halten.
Demnach scheint der Begriff „Weisheit“ zwischen Erkennen und Erfahren zu changieren.
Damit ist er gar nicht so weit von der buddhistischen Vorstellung von Weisheit entfernt.
Was bedeutet Weisheit im Buddhismus?
Im Buddhismus gibt es viele Weisheiten – also Lehren, die mich weiter bringen.
Aber der Begriff „Weisheit“ ist etwas anderes.
Das Wort, das im Buddhismus vor allem für Weisheit steht, heißt im altindischen Sanskrit „Prajñā“ (प्रज्ञा) und tibetisch „Sherab“ ( ཤེས་རབ་) und wird auch mit Unterscheidungsvermögen, Klugheit, Wissen, Bewusstsein oder Einsicht übersetzt.
Prajna beschreibt die Fähigkeit des Geistes, Phänomene korrekt und vollständig zu untersuchen und zu erkennen.
Weisheit und Wissen entstehen durch Lernen aus Büchern oder durch Zuhören,
Weisheit und Wissen entstehen durch selbständiges Denken, Logik und Argumentation und
Weisheit und Wissen entstehen durch direkte spirituelle Erfahrung.
Es gibt grundsätzlich 2 Kategorien von Weisheit:
Weisheit, die die konventionelle Wirklichkeit untersucht und
Weisheit, die die endgültige Wirklichkeit untersucht.
Beide haben die Qualität des Wissens.
Der Unterschied liegt darin, wie der Geist jeweils funktioniert:
Mit Greifen nach Subjekt und Objekt oder ohne Greifen nach Subjekt und Objekt,
mit Konzepten oder ohne Konzepte,
mit Bezug auf Vergangenheit und Zukunft oder ohne Bezug auf Vergangenheit und Zukunft,
mit Aversion, Dumpfheit und Engstirnigkeit oder frei von Aversion, Dumpfheit und Engstirnigkeit –
also mit Anhaftung und Ego oder ohne.
Gegenstand der buddhistischen Lehren ist die Weisheit, die die endgültige Wirklichkeit untersucht, also die zweite Kategorie.
Es gilt, Täuschungen und Konzepte zu überwinden und zu erkennen, dass alles, was wir für real halten, vergänglich, unvollkommen und ohne feste Substanz ist. Und entsprechend zu handeln.
Das letztendliche Erkennen ist kein Resultat von Sinneswahrnehmungen oder intellektuellen Schlussfolgerungen und folgt auch nicht aus dem Zeugnis anderer. Ein konzeptuelles Verständnis von Leerheit reicht nicht und auch nicht, daran zu glauben, dass alles leer ist.
Dieses Erkennen muss aus tiefer, intimer und unmittelbarer innerer Erfahrung entstehen.
Dann kommt der Aspekt des Geistes zum Vorschein, der über den gewöhnlichen, konzeptionellen Geist hinaus geht und
die wahre Natur des Geistes erkennt,
die Essenz des reinen klaren Bewusstseins,
den Urgrund, aus dem immerzu alle Phänomene entstehen.
Für dieses Erkennen gibt es keine Beschreibung, keine Zeit und keine Begrenzung, weil keiner da ist, der das erfährt.
Dieses Erkennen wird manchmal mit Erleuchtung gleichgesetzt
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