Widmung. Worum geht es bei der Widmung von Verdiensten?

Widmung. Buddhisten gehen davon aus, dass ich positive Taten übertragen kann. Ich wünsche, dass Gutes, das ich getan habe, nicht nur für mich hilfreich ist, sondern auch allen fühlenden Wesen hilft. Durch die Widmung werde ein Verdienst manifest. Es wird sozusagen in mein System integriert und in ihm verankert.

widmung

Ich habe gelernt: das Gute am Anfang, das Gute in der Mitte und das Gute am Ende. Das sind Motivation, Meditation und Widmung. Aber so ganz verstanden und durchdacht habe ich es nicht. Also, ich meditiere und schaffe dadurch Verdienste und diese Verdienste sollen auch allen fühlenden Wesen zugute kommen. Das klingt plausibel.

Und jetzt mal Stück für Stück: was ist Verdienst, Motivation und was ist Widmung und wofür sollen die gut sein?

Verdienst

Zentral ist zunächst die Vorstellung von Verdienst. Verdienst, das ist eine Kraft, die sich durch gute Taten und gute Gedanken ansammelt. Allein dadurch, dass ich mich mit spirituellen Lehren und der Praxis beschäftige, heißt es, sammele ich Verdienste an.

Die Meditation schafft Verdienst. Auch das Widmen und Übertragen von Verdiensten auf andere ist eine positive Tat und ein Verdienst. Bei einer Widmung haben der Geber und der Empfänger gleichermaßen etwas davon.

Verdienst meint nicht, dass ich damit ein 1 zu 1 Guthaben erwerbe, durch das ich unmittelbar belohnt werde. Es bedeutet mehr, dass durch gute Taten ein Potenzial dafür entsteht, dass es mir jetzt und in Zukunft gut geht.

Motivation

Motivation“ bedeutet: Ich denke daran, weshalb ich meditiere. Ich meditiere, um selbst einen Nutzen daraus zu haben. Und ich meditiere, damit auch alle anderen fühlenden Wesen dadurch profitieren.

Widmung

Das Wort Widmung bedeutet allgemein Weihe. Buddhisten gehen davon aus, dass ich positive Taten übertragen kann. Widmung ist der Akt der Übertragung von Verdienst und ein Akt der Heiligung und des Loslassen. Ich wünsche und bekräftige bei der Motivation und am Ende der Meditation, dass das Gute, das mit der Meditation verbunden ist, für mich hilfreich ist und auch allen fühlenden Wesen hilft.

Damit ist die Vorstellung verbunden, dass durch die Widmung das Verdienst manifest wird und nicht verloren geht. Es wird sozusagen in mein System integriert und in ihm verankert. Möge sich das Verständnis, dass ich gewonnen habe, immer weiter vertiefen.

Form der Widmung

Die Widmung kann ich in ein kleines Gebet kleiden. Gebete müssen sich nicht an eine konkrete Person richten, an einen Heiligen oder an den lieben Gott; sie können allgemein einen Wunsch ausdrücken. Sie sind ein Instrument, um in meinem eigenen Geist etwas zu bewirken. Wenn ich anderen Menschen Gutes wünsche, dann ändert das auch etwas in mir. Und das hilft dann bestimmt auch anderen.

Ich kann ein Gebet frei formulieren. Entscheidend ist, dass ich nicht nur an mein eigenes Wohl denke, sondern auch an das Wohl aller anderen Wesen.

Ich kann auch die folgende Gebetsformel verwenden:

Mögen durch dieses Verdienst alle Wesen den allwissenden Zustand der Erleuchtung erlangen und Feinde wie Fehler und Verblendungen überwinden. Mögen sie alle aus diesem Ozean von Samsara befreit werden, aus seinen tosenden Wellen von Geburt, Alter, Krankheit und Tod.“

Widmung allgemein

Eine Widmung gibt es nicht nur nach der Meditation. Ich kann vieles widmen. Widmung hat auch den Aspekt von Loslassen – geradezu des Befreiens. Allein der Akt des Loslassens hat Kraft. Es kommt durchaus vor, das sich etwas in meinem Geist festsetzt und mich nicht mehr in Ruhe lässt. Das kann vieles sein, auch Negatives wie Neid und Eifersucht.

Stellen wir uns mal vor, auf dem Parkplatz des Nachbarn steht plötzlich ein wunderschönes nagelneues Auto. Und zwar genau so eins, wie ich es auch gern hätte – so eine richtig große tolle Kiste, die ich mir aber leider nie werde leisten können. Die hat dann durchaus das Potential, ständig durch meinen Kopf zu geistern. Da könnte schon so etwas wie Neid aufkommen. Wo hat der bloß das Geld her? Und gerade der hat das doch gar nicht verdient.

Da kann ein mächtiges Kopfkino entstehen. Eine Möglichkeit, damit umzugehen ist die Widmung.

Ich sage nicht, dass das einfach ist. Wie sähe das aus? Ich widme es. Ich entlasse es aus meinem Kopf. Es fliegt davon und ist nicht mehr da – nur noch auf dem Parkplatz des Nachbarn.

Und ich kann noch etwas darauf setzen. Das wunderschöne Auto. Ich freue mich für den Nachbarn. Der hat ein wunderschönes Auto. Möge der Nachbar seine Freude daran haben.

Das ist dann eine große Sache. Das nennt man Mit-Freude, eine der vier Unermesslichen.

Ich habe losgelassen. Das Auto geistert nicht mehr durch meinen Kopf.

 

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