Zengeist – Es ist gut, ein Anfänger zu sein

Zengeist – Anfängergeist. Diese Aussage von Suzuki Roshi wird oft zitiert. Besonders der Zen-Buddhismus betont diesen Anfängergeist. Doch er befruchtet jede Meditation.

zengeist

 

Wenn man mit etwas beginnt, dann ist man erst einmal ziemlich unbedarft, aber auch unbefangener. Man probiert mal was aus, fällt auf die Nase, steht wieder auf und fällt wieder auf die Nase. Da gibt es so vieles neu zu entdecken, zu staunen, aber auch Hindernisse. Das ist Zengeist.

Ich muss aufpassen, lernen, Hindernisse ausräumen.

Ganz anders der Erfahrene. Er handelt zielgerichtet, schaut nicht nach rechts oder links, sondert tut genau das, was zum Ziel führt. Er hat ja schon so viel erfahren, ausprobiert. Er muss nicht groß nachdenken. Er kennt sich ja aus.

Was sagt uns das für die Meditation?

In der Meditation geht es vielleicht nicht um das Lernen, sondern eher um das Nicht-Lernen. Der Geist macht etwas anderes. Er folgt nicht den Konventionen. Er macht nicht mehr das, was er schon immer getan hat.

Wohl verstanden. Es geht nicht darum, draußen in einer Badehose herumzulaufen oder sich hüpfend wie ein Frosch fort zu bewegen.

Es geht um die Konventionen des Geistes.

Er bewegt sich frisch, neu, wie ein staunendes, ganz kleines Kind durch die Welt. So als ob es die Welt zum ersten Mal sehen würde.

Das macht den Geist weit. Er wird empfänglicher für das, was Meditation wirklich ist.

Christen kennen eine ähnliche Idee aus der Bibel.

Im Neuen Testament heißt es bei Matthäus im Vers 5 :

„Selig sind die Armen im Geiste; denn ihrer ist das Himmelreich.“

Und in Matthäus Vers 18 heißt es:

„Und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr euch nicht bekehrt und wie kleine Kinder werdet, werdet ihr nicht in das Himmelreich eingehen.“

Wenn du nicht wie ganz normale ungebildete Menschen oder wie kleine Kinder wirst, wirst du nicht in den Himmel kommen. Du brauchst ein reines und offenes Herz. In diesem Zustand gibt es keine Vergangenheit und keine Zukunft. Kinder leben im gegenwärtigen Augenblick. Sie handeln, ohne darüber nachzudenken. Es gibt kein Muster, dem sie folgen könnten.

Wieder bedeutet das nicht, schräge Dinge zu tun. Es geht um das Meditieren. In der Meditation vergesst alles, was ihr wisst und alles, was ihr gelernt habt. Nur sitzen.

 

Hier geht’s zu den anderen Tipps zur Meditation:

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There is a english version of this article:

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Claudia

    Hallo Tomo!
    Hab gerade erst Deinen Blogtext zu Meditation/Leere/Leerheit gelesen und mich sehr sehr gefreut: in meiner Wohnung hängt schon immer an prominenter Stelle ein Bild, das vor langer Zeit zwei Freunde gemalt haben. Ein großer, fast geschlossener oranger Kreis auf weißem Grund. Es ist das Symbol meines Sternzeichens, Zwilling, einer der Freunde ist Astrologe. Seit einiger Zeit beschäftigt mich Leerheit und ich verstehe jetzt, auch durch Deinen Text, noch ein bißchen mehr, warum mich dieses Bild, dieses Symbol so tief anspricht, das ist eben Thema.
    Ich kaue im Moment auf Folgendem rum: kann es sein, daß der Begriff „Gott“ auch „Leerheit“ bedeutet? Im Sinne von Fülle, nicht greifbar, nicht endlich, nicht Selbst, nicht abhängig usw. Ein Kirchen-Mensch wird das wahrscheinlich nicht so sehen, aber Gott-heiliger Geist-Shunyata, entspringt das nicht den gleichen Überlegungen und ist für unterschiedliche Philosophien ein verbindender, grundlegener Gedanke und ein Versuch das Unnennbare zu benennen?
    Wenn Du da noch mehr weißt und Texte kennst, freue ich mich über Tipps.
    Bis Mittwoch! Liebe Grüße, Claudia

    1. Tomo

      Liebe Claudia, lange habe ich mich damit rumgeschlagen, wer oder was „Gott“ ist? Meine Antwort für mich ist, das sich „Gott“ in diesem besonderen höchsten Meditationszustand zeigt, in dem das Ego für kurze Zeit verschwunden ist. Diesen besonderen Zustand nennen die Tibeter auch „Sicht“. Und „Sicht“ bedeutet, den „Grund“ zu sehen. Diesem „Grund“ von allem werden auf drei Ebenen Eigenschaften zugeordnet. Auf der tiefsten Ebene heißt es, seine Essenz ist Shunyata. Das bedeutet Leere. Leere bedeutet, alles ist ohne feste Substanz, nichts ist dauerhaft und alles bedingt sich gegenseitig. Diese Leere bedeutet nicht nichts, sondern im Gegenteil Potential und Fülle. Daraus ist alles entstanden und entsteht fortwährend neu. Und dies könnte das gleiche sein, das andere „Gott“ nennen. Ich stimme Dir also voll zu. So ist wohl das Göttliche. Wenn Du mehr darüber erfahren willst, forsche mal in Richtung „Kayas“ (das könnte man mit Daseinsebenen oder Ebenen der Wirklichkeit übersetzen) und „Grund“. Herzliche Grüße Tomo

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