Zen Sprüche. Das Bild einer Vogelscheuche. Sie ist da. Aber eigentlich ist sie nichts. Nur eine Holzstange und ein paar Lumpen. Was soll das? Eine solche Kalligraphie hat mehrere Dimensionen. Der Meister demonstriert seine Verwirklichung. Und sie dient der Unterweisung. Geht es um ein Koan, eine Rätselfrage, die logisch nicht zu beantworten ist und den normalen logischen Mind zertrümmern soll, bis nur noch nacktes Gewahrsein übrig bleibt?
Eine solche Kalligraphie hat mehrere Dimensionen. Sie ist ein Kunstwerk und das auf zwei Ebenen – der bildenden Kunst und der Poesie. Mit so einer Kalligraphie demonstriert der Meister seine Verwirklichung. Man erkennt seine Kraft, seine Dynamik, seine Power. Und sie dient der Unterweisung. Das sind entweder altbekannte Weisheiten, die der Schüler schon tausendmal gehört hat. Und gerade damit zeigt er immer wieder neue Aspekte. Und dann bricht er alle Konventionen und macht etwas, das niemand erwartet hätte. So ein Meister ist Nantenbô.
Da ist nichts von klassischer Eleganz. Das ist mehr eine hingeworfene Skizze. Das Bild einer Vogelscheuche.
Wer kommt auf die Idee, eine Vogelscheuche zu malen? Okay, in Japan ist vieles anders. In Japan kann eine Vogelscheuche eine andere Bedeutung haben als bei uns. Sie wird aber kaum als attraktiv angesehen werden. Auch Japaner werden nicht alletage Abbilder von Vogelscheuchen sehen.
Man kann nicht einmal sagen, dass sie vollkommen unnütz wäre. Sie soll ja die Vögel verscheuchen, die sonst Unheil im Nutzgarten anrichten könnten. Die Vögel sollen nicht unsere Früchte futtern und nicht die jungen Gemüsepflanzen umpflügen, wie das Amseln und Krähen gern tun. Aber die Vögel sind schlauer als man denkt. Nach kurzer Zeit haben sie herausgefunden, dass da gar kein echter Mensch steht und sie kümmern sich einen Dreck um dieses Schreckgespenst.
Es gibt ja ganz andere unnütze Dinge. Da gibt es zum Beispiel die schiefe, krumme und gewundene Kiefer, aus der man nichts machen kann – kein Brett, keine Stange. Sie wird in China und Japan geradezu als Beispiel für nicht weiter nützliches dargestellt. Aber. So eine Kiefer hat etwas Besonderes. Sie ist erhaben. Sie trotzt Wind und Wetter. Man kann sie schön finden und bewundern.
Aber eine Vogelscheuche? So ordinär, so gewöhnlich. Da ist gewiss nichts Schönes und Erhabenes dran. Man kleidet sie in Lumpen, in Dinge, die gerade nicht schön sind, die kaputt sind und die man sonst überhaupt nicht mehr gebrauchen kann. „Du siehst aus, wie eine Vogelscheuche“, sagen wir, wenn wir jemanden runter putzen möchten.
Weshalb wird sie dennoch abgebildet? Vielleicht soll sie uns daran erinnern, dass alles einen Wert hat, selbst das, was so unscheinbar daher kommt, gering geschätzt und übersehen wird.
Sind die Dinge so, wie sie scheinen? Da ist etwas, dass aus Ausgedientem besteht. Das wird ganz vergehen und daraus kann wieder neues entstehen. Der Zyklus des Werdens und Vergehens.
In der Nähe von „leer“ und „nichts“. Aber nicht nichts. Ein wenig wie ein Kreis. Darin ist nichts. Er ist leer. Nur von einer Linie umschlossen. Die Vogelscheuche ist da. Aber eigentlich ist sie nichts. Nur eine Holzstange und ein paar Lumpen.
Zen Sprüche: Der Beitext gibt scheinbar eine Erläuterung. Da steht:
Taoyate no / yumi ya o mochi nu / kakashi kanashii
Zarte Hände halten Pfeil und Bogen, die Vogelscheuche ist traurig.
Jetzt bin ich völlig verwirrt. Was soll denn das? Das klingt jetzt nicht nach höherer Weisheit. Es ist total unverständlich. Eine Vogelscheuche ist doch nur Holz und Lumpen. Wie kann die traurig sein? Und selbst wenn sie empfinden könnte – weshalb sollte sie traurig sein? Eher würde man erwarten, dass sie sich vor Pfeil und Bogen fürchtet. Und weshalb heißt es, zarte Hände halten Pfeil und Bogen? Wenn eine solche Waffe auf mich gerichtet wird, dann ist es doch hinsichtlich der Bedrohung egal, mit welchen Händen sie auf mich gerichtet ist.
Oder soll die Vogelscheuche selbst gefährlich sein? Das ist doch lachhaft. Auch wenn sie mit Pfeil und Bogen ausgestattet wäre. Sie bleibt immer noch nur eine Stange mit einem alten Kleidungsstück, die selbst nicht schießen kann.
Höchstens könnte jemand meinen, da sei ein wirklicher bedrohlicher Mensch. Die Dinge sind nicht so, wie sie zu sein scheinen. Steckt da vielleicht eine alte Geschichte hinter, die in Japan jeder kennt, aber bei uns unbekannt ist?
Oder geht es um ein Koan, eine Rätselfrage, die logisch nicht zu beantworten ist und den normalen logischen Mind zertrümmern soll, bis nur noch nacktes Gewahrsein übrig bleibt?
Zen Sprüche.
Diese Kalligraphie und viele weitere sind auch in einem Buch enthalten und kommentiert:
ZEN + NICHT-ZEN. Gedanken zu ostasiatischen Kalligraphien
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