Lange meditieren. Was ist bei einer längeren Meditationsveranstaltung anders?

Lange meditieren. Gedanken sind da, doch sie stören mich nicht und lenken mich nicht ab. Sie sind irgendwo dort draußen. Wie warm in einem bequemen Sessel der ersten Klasse der Bundesbahn die gleichförmig vorbeifließende Landschaft betrachten.

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Was geschieht in einer Meditation, die ein wenig länger andauert als die üblichen 5 bis 45 Minuten? Das können Meditationssitzungen an einem Tag, in einer Woche oder auch über einen längeren Zeitraum sein.

Im Alltag vergesse ich mich leicht – von Gedanken, Problemen, Routinen fortgetragen. Das, was mich dort ständig gefangen hält, tritt hier in den Hintergrund. Ich kann mir nicht mehr ausweichen.

Im Anfang springen die Gedanken noch wild – Erwartungen und Befürchtungen. Auf was habe ich mich bloß eingelassen? Wie komme ich aus dieser Nummer wieder heraus? Was ist, wenn mir schlecht wird, wenn die Beine einschlafen, wenn ich es nicht mehr aushalte?

Die krampfhafte Suche nach Ablenkung. Ich flüchte mich in Kopfkino, Erinnerungen, in Fantasien.

Ich versuche mich zu motivieren, spreche mit mir, ermahne mich.

Mir wird klar, dass ich nicht ausweichen kann. Egal, wie oft ich mich ablenke. Ich sitze immer noch da. Und es hilft auch nichts zu sagen – die fünf Minuten halte ich jetzt auch noch durch. Im Augenblick gibt es so etwas wie Ende nicht.

Ich beobachte, wie meine Stimmungen schwanken.

Lange bin ich glücklich. Der Geist scheint klar, weit und lebendig. Stille Heiterkeit ohne Wollen – fast Euphorie. Alle Probleme scheinen weit weg. Es fällt mir schwer, mich aufzuregen. Ein Impuls, alle Menschen zu umarmen.

Später erscheint alles recht selbstverständlich. Es ist wie es ist und es ist gut. Kein High mehr, doch sehr schön und zufriedenstellend. Immer wieder ein stiller innerer Frieden, der nichts Spektakuläres hat. Die Stille umarmt mich von allen Seiten. Die Ruhe genießen und das Mit-mir-allein-sein.

Und dann ist es wieder anders. Ich bin schläfrig. Das fühlt sich ganz dumpf an – wie betäubt. Immerhin merke ich es noch. Es wird mir lang. Der Rücken schmerzt. Es könnte jetzt mal eine Pause geben.

Sitzen, endlos, sitzen, nur sitzen – und sonst gar nichts.

Der Tag zieht sich hin. Die Gedanken heften sich an die Umgebung. Schauen auf den winzigen, immer gleichen Ausschnitt der Welt. Nichts, das das Auge gefangen hält.

Der Zeit beim Fortschreiten zusehen. Die Sonne wandert und verwandelt stetig das Licht und die Schatten. Eben war sie noch hier, jetzt ist sie dort. Aufmerksamkeit für ganz kleine Details. Da ist eine Fliege. Der Holzboden hat Muster.

Die Buddhafigur vor mir. Wie toll das Gesicht aussieht. Es ist gerade vom Sonnenlicht beschienen. Als ob die Augen lebendig wären. Der Blick ändert sich mit der Bewegung der Sonne. Gleich wird das Gesicht im Schatten stehen. Jetzt sieht es ganz anders aus.

Mein Blick richtet sich auf den Boden, ohne etwas besonderes wahrzunehmen. Ich vergesse die Zeit und der Boden vor mir verschwimmt.

Ich kann mich um nichts kümmern und ich brauche mich um nichts zu kümmern. Andere bestimmen, wann es anfängt und wann es wieder aufhört. Da kann ich mich drüber ärgern. Ich kann es aber auch als Befreiung ansehen.

Irgendwann gibt etwas in mir auf. Ich lasse alles los. Auch die Anstrengung. Selbst wenn es nicht richtig ist oder wenn ich genau weiß, es ist nicht richtig. Nichts tun, sondern lassen.

Die Dinge verlieren ihre Gewichtigkeit. Irgend etwas wie Abstand von der Welt. Als ob ich alles im Fernsehen sehen würde.

So ein Gefühl, als könne mich nichts erschüttern. Gedanken sind da, doch sie stören mich nicht und lenken mich nicht ab. Sie sind irgendwo dort draußen. Eine gewisse Gelassenheit, fast Schläfrigkeit. Wie warm in einem bequemen Sessel der ersten Klasse der Bundesbahn die gleichförmig vorbeifließende Landschaft betrachten.

Als ob sich die Stille verdichtete, so wie Saft zu Sirup und Gelee wird.

Dann kann mal ein Augenblick kommen, da ist gar nichts mehr. Da ist niemand mehr, der sich Sorgen macht oder der nur daran denkt, wann es wieder etwas zu essen gibt. Die Langeweile, die Schmerzen sind noch da, aber die interessieren nicht mehr. Ich schaue auf die Wand. Und so lange ich auch da hinschaue, da ist nichts zu sehen. Vielleicht sind da im Anfang noch kleine Farbschattierungen oder kleine Risse. Aber irgendwann ist das gegessen.

Ich höre auf zu denken, ich höre auf zu hoffen. Eine Wand ist durchbrochen. Es ist schwer zu sagen, was anders ist. Da ist ein Nichts, das nicht blank ist. Keine dunkle Schwärze – eher gleißendes Licht. Der Mind hat kapituliert.

Manchmal feuchte Augen. Dankbarkeit. Dankbarkeit, die kommt, ohne dass ich etwas damit zu tun habe.

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