Ich bin wach. Was bedeutet „Wachheit“ in der Meditation?

Ich bin wach. In der Meditation lerne ich, wach zu werden. Das ist mehr als nur nicht zu schlafen. Fast immer gibt es etwas, das meine Aufmerksamkeit beansprucht, das mich davon abhält, bewusst hier zu sein. Ich denke an etwas, ich träume, ich schaue mir etwas an. Wo ich gerade bin, ist sofort vergessen.

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Wir kennen alle die Geisteszustände „Schlaf“ und „wach“. In der Meditation geht es um einen weiteren Zustand. Das ist nicht nur „wach“ im Sinne von „nicht schlafen“.

Gewöhnliches Wachsein

Wachheit wird gewöhnlich mit Abwesenheit von Schlaf definiert. Ich denke, ich bin wach, wenn ich nicht schlafe. Da ist tatsächlich ein gewisses Bewusstsein. Ich habe die Möglichkeit, aufmerksam und aktiv zu sein, zu reflektieren und mich zu orientieren.

Offensichtlich gibt es unterschiedliche Grade der Wachheit. Wir kennen wahrscheinlich einen Zustand, in dem keine Gedanken da sind – ein gedankenloses Schauen aus dem Fenster. Andere würden dann sagen, ich bin geistesabwesend. Ich schlafe nicht, ich bin aber auch nicht achtsam. In dem Fall bekomme ich noch nicht einmal mit, was da draußen vor sich geht und auch meine eigenen Gedanken und Gefühle nicht.

Aber selbst, wenn ich hellwach bin, bin ich mit etwas beschäftigt, was nicht hier und jetzt ist. Ich meine, hier zu sein, bin es aber nicht. Nur mein Körper ist immer hier, aber nicht mein Geist. Ich flüchte in Vorstellungen, nur um nicht mit der Gegenwart konfrontiert zu werden.

Da ist immer etwas, das meine Aufmerksamkeit beansprucht, das mich davon abhält, bewusst hier zu sein. Ich denke an etwas, ich träume, ich schaue mir etwas an. Wo ich gerade bin, ist sofort vergessen. Entweder wühle ich in der Vergangenheit oder ich beame mich in die Zukunft.

Und selbst wenn ich das mitbekomme, was gerade ist, ist meine Aufmerksamkeit nach außen gerichtet. Ich sehe etwas. Ah, da ist eine Blume, die ist aber schön. Und dann kommen Gedanken, Erinnerungen, Wünsche.

Ich merke aber nicht, dass ich die Blume anschaue, dass da ein Gedanke ist, ein Wunsch. Ich bemerke mich selbst nicht.

Und es ist nahezu unmöglich, die Dinge so mitzubekommen, wie sie wirklich sind. Die Dinge sind offensichtlich nicht so, wie sie scheinen. Das wird schon dadurch deutlich, dass ich die Wirklichkeit nicht unmittelbar wahrnehme, sondern durch meine Sinnesorgane. Mit anderen Sinnesorganen würde die Welt anders erscheinen.

Der wache Meditationszustand

Der normale Wachzustand ist gekennzeichnet durch einen Geist mit Gedanken und Emotionen. In der Meditation nähern wir uns einem Geisteszustand, der voll wach ist und dennoch nicht durch Gedanken und Emotionen bestimmt ist. Das ist etwas fundamental anderes.

Es geht um einen Zustand, dem man Begriffe wie „achtsam“, „nicht abgelenkt“ und „klar“ anheften kann. Ich bekomme alles mit, eben, weil ich nicht mit etwas anderem beschäftigt bin. Ich bin jetzt hier, ich bin durch nichts abgelenkt und ich weiß gleichzeitig, dass ich jetzt hier bin.

Wenn es gut geht, ist auch der Beurteiler weg – der, der sagt, das ist gut oder schlecht. Da ist etwas – in mir oder auch außen. Ich nehme es wahr. Da wird nichts daran gehängt, kein „gut“ oder „schlecht“, kein „Wollen“. Da ist lediglich die Wahrnehmung und das Identifizieren. Da ist ein Blume – und nichts weiter.

Für den Augenblick kann ich dann sagen: Das ist ein Zustand ohne Ego. Da habe ich aber nicht für immer das Ego verloren – ich bekomme nur für einen kleinen Augenblick mal mit, wie das sein könnte. Dann ist es wieder da.

Der Zustand ist quicklebendig. Lebendig heißt ja nicht, dass ich ständig rumhüpfe.

Erwachen und bewusst zu sein heißt, zu erkennen, wie die Welt und wir wirklich sind. Ich sehe die Phänomene nackt – ohne den Filter meiner Gedanken und Gefühle, der ganzen Konzepte, Urteile und Vorstellungen. Dann hat sich an der Welt nichts geändert. Aber ich nehme sie anders wahr.

Wachsein erlaubt mir zu staunen. Alles ist neu, wie noch nie gesehen. Auch wenn ich meine, das alles zu kennen. Mein Geist ist frisch, wach, klar und lebendig. Ich bin in der Gegenwart, im immerwährenden Augenblick, der einzigen Zeit, die es gibt.

Voll erwacht

Der Buddha wird der voll Erwachte genannt. Das ist die höchste Stufe. Diese Erfahrung wird immer wieder an ähnlichen Begriffen fest gemacht:

Wach – vollständig wach,

Gewahrsein – nackt, präsent, unverfälscht,

Klarheit – keinerlei Hindernis, keine Verblendung, keine Ablenkung, keine Konzepte. Alles ist offenbar, unverhüllt, unmittelbar präsent,

Ohne Ego und nicht dual – kein Beurteiler, keiner, der festhält, keine Vorstellungen, Erinnerungen, Beurteilungen,

Geräumigkeit – keine Grenzen, die Abwesenheit von Widerstand oder Behinderungen, frei von Bezugspunkten.


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