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Das Ziel ist das Ziel

Wir kennen den Spruch „Der Weg ist das Ziel“. Gilt nicht eher „Das Ziel ist das Ziel“?

Wenn ich ein Ziel verfolge – welches auch immer – dann kommt es auf das Ziel an. Ich mache mich auf den Weg, um dort hin zu kommen. Wie ich es erreiche, ist egal. Hauptsache ich erreiche es.

Beide Ansichten sind richtig

Die Aussagen „das Ziel ist das Ziel“ und „der Weg ist das Ziel“ sind beide richtig. Sie beschreiben ganz unterschiedliche Sachverhalte. Das ist wie beim Marathonlauf. Die einen wollen gewinnen oder wenigstens eine gute Zeit herausholen und die anderen handeln nach dem Motto: Dabei sein ist alles.

Der Weg

Selbst wenn es mir nur um das Ziel geht – ohne den Weg geht es nicht. Ob ich will oder nicht – ich muss mich Herausforderungen stellen und lernen. Ich brauche Durchhaltevermögen, Vertrauen und Mut – denn ich weiß nicht wirklich, was mich auf dem Weg erwartet.

Der Weg wird leichter, wenn ich ihm entspannt und ohne große Erwartungen folge und wenn ich ihn nicht lediglich als Mittel zum Zweck sehe.

Im Urlaub ist unmittelbar klar – der Weg ist das Ziel. Ich möchte mich erholen und eine schöne Zeit erleben.

Bei einer Ausbildung ist nicht nur der Abschlusses wichtig, sondern das, was ich auf dem Weg gelernt habe.

Beim Pilgern steht der Weg eindeutig im Vordergrund. Die Bewegung ist der Inhalt des Wegs. Es geht um die Erfahrung des Gehens, des sich Annäherns, des mit mir selbst sein, des zu sehen, was gerade ist.

Auf einem Weg, diesem Niemandsland zwischen dem Aufbruch, dem Unterwegssein und dem Ziel – einem realen Weg oder auch während einer kürzeren oder längeren zeitlichen Phase des Bemühens – wird Vieles geschehen, das ich lerne und erfahre, das mich bereichert, erfreut, wachsen lässt.

Lebenszeit

Bezogen auf das ganze Leben – was ist da das Ziel? Ist der Tod Ziel unseres Lebens? Das Leben selbst ist eine Reise – nicht ein Ziel.

Jede Zeit ist Lebenszeit. Wenn ich nur auf ein zukünftiges Ziel schaue, nehme ich nicht wahr, dass ich jetzt hier bin und was gerade vor sich geht. Dann stehe ich morgens auf und gehe abends ins Bett und spüre gar nicht, was dazwischen geschieht.

Kann ich angesichts des Todes sagen, dass ich das getan habe, was mir wichtig war, dass ich ein einigermaßen anständiges Leben geführt habe und dass ich mit mir und meinem Weg zufrieden sein kann?

Ziel in der Meditation.

Gibt es ein Ziel in der Meditation? Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Ja und nein.

Es gibt Ziele in der Meditation. Die Meditation ist ein Stufenweg. Einiges ist zu studieren, zu lernen, zu verstehen. Es geht um Achtsamkeit. Es geht darum, die Realität zu erkennen, wie sie wirklich ist. Irgendwann gelange ich mehr in eine Gegenwart, die nicht mehr so stark gefärbt ist durch Vergangenes und durch ein Erträumen von Zukünftigem.

Und es heißt auch: Die Meditation hat kein Ziel. Es gibt nichts zu erreichen. Ich will ja gerade dieses zweck- und zielgerichtete „um zu“ verlernen.

Einfach nur sitzen – absichtslos. Etwas geschieht oder es geschieht nicht. Ich betrachte das Leben wie aus dem Fenster eines schnell fahrenden Zuges, eines Zuges, dessen Ziel ich nicht kenne und schaue auf eine Landschaft, die ich wahrnehme, die mich aber nicht vereinnahmt.

Herkunft

Es wird behauptet, die Aussage, „Der Weg ist das Ziel“ stamme von Konfuzius. Tatsächlich findet sich in seinen überlieferten Schriften so eine Aussage nicht. Die Aussage passt zur Zen-Philosophie. Aber auch dort findet sich in den Quellen kein direkter Hinweis. Wahrscheinlich ist das eine genuin deutsche Redensart, die erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden ist.